Newsletter Transferkompakt Mai 2017
Thema: Datenschutz im Bildungsmonitoring.

Kommunen im Auf- oder Ausbau eines kommunalen Bildungsmonitorings stoßen bundesweit auf denselben Stolperstein: Schnell limitiert der Datenschutz die Ambitionen von Monitorer/-innen, eine aussagekräftige, aktuelle und zugängliche Datensammlung anzulegen. Denn dafür sind sie auf die Weitergabe von Daten aus anderen Ämtern, von externen Partnern und aus unterschiedlichsten öffentlichen und teil-öffentlichen Quellen angewiesen.

Aussagekräftige Daten für ein Bildungsmonitoring liegen meist in ausreichender Qualität vor. Die größere Herausforderung aus Datenschutz-Sicht ist, eine Übersicht darüber zu erhalten, welche Daten verfügbar sind und welche überhaupt verarbeitet werden sollen und dürfen. Eine eindeutige inhaltliche Fokussierung des Bildungsmonitorings würde hier die Arbeit immens erleichtern und den Rechercheaufwand reduzieren.

> Übersicht: Interne und externe Datenquellen

Richtig spannend wird es im Bildungsmonitoring jedoch erst, wenn Individualdaten zueinander in Beziehung gesetzt werden. Denn die Verschneidung unterschiedlicher Datenbestände erlaubt Aussagen, die deutlich über einfache Bestandsdatenabbildungen hinausgehen und damit für strategische Entscheidungen äußerst wertvoll sein können. Anwendungen solcher Verschränkungen finden sich zum Beispiel in Sozialraumanalysen und Sozialindizes, die Aussagen zu sozioökonomischer Lage, Gesundheitszustand, Bildungsniveaus und Regionalverteilung in sich vereinen können (vgl. Laukart 2016:7). Um entsprechende Datenbestände zu sammeln und in Diskussionszusammenhänge zu bringen, braucht es allerdings aufgeschlossene Datenlieferanten und rechtlich einwandfreie strukturelle Einrichtungen.

> Praxis-Beispiel: Nutzung von Sozialindizes in der Stadt Mühlheim

Datenschutz - kein rein juristisches Konstrukt

Was hinter dem Begriff „Datenschutz“ steckt, können selbst erfahrene datenhaltende Organisationseinheiten nur selten auf den Punkt bringen. Häufiger als rein juristische Probleme stehen  soziale oder politische Hemmnisse einer Datenweitergabe im Wege.

Dennoch wird im Allgemeinen die juristische Perspektive als besondere Herausforderung wahrgenommen. Maßgeblich für die Nutzung von Datenbeständen im kommunalen Kontext ist das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), §4 Abs. 1: „Die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten sind nur zulässig, soweit dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat“. Ähnlich formuliert § 4 Abs. 1 des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes (NDSG): „Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist nur zulässig, wenn 1. dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift dies vorsieht oder 2. die Betroffenen eingewilligt haben.“

Für die Belange des Bildungsmonitorings sollte das Augenmerk auf der Formulierung „eine andere Rechtsvorschrift“ liegen. Denn Rechtsvorschriften können durch eine kommunale Satzung erwirkt werden. Liegt eine solche Satzung vor und ist sie durch die kommunalpolitischen Gremien legitimiert, dürfen auch auf kommunaler Ebene durch eine entsprechende Stelle Individualdaten erhoben, verarbeitet und genutzt werden/typo3/. Alle kreisfreien und einige kreisangehörige Städte haben eine solche „abgeschottete Statistikstelle“ geschaffen, bisher ist jedoch in Niedersachsen nur ein Landkreis bekannt.

Lösung in Sicht?

DAS Datenschutzproblem als solches gibt es also nicht. Vielmehr muss die Summe der juristischen, sozialen und politischen Anforderungen zur Datenverarbeitung passen, um den Zielstellungen eines kommunalen Bildungsmonitorings gerecht werden zu können. Und gerade diese Zielstellungen sind es, die noch vor der Datenbeschaffung definiert werden müssen – um nicht aufgrund zu hoher Ansprüche oder zu geringer Abwägung der Möglichkeiten in einer Sackgasse zu landen. 

Was will ich? Was brauche ich?
Genau diese Fragen müssen vor dem Sammeln von Daten gestellt – und möglichst breit beantwortet werden. Dabei kommen partizipative Verfahren inklusive dem Anspruch einer Bürgerbeteiligung genauso infrage wie klare Top-down-Entscheidungen, bei denen die strategische Ebene Zielstellungen und Umsetzung eines Bildungsmonitorings vorgibt. Diese Klärung ist elementar – und kann für die späteren Umsetzungsschritte immer als Legitimation der Handlung von Bildungsmonitorer/-innen hinzugezogen werden.

Kommunikation, Kommunikation, Kommunikation!
Um gerade sozialen und politischen Datenschutz-Argumenten zu begegnen, kann nur die Kommunikation auf allen Ebenen ein hilfreiches Mittel sein. Mitstreiter müssen gefunden, Vertrauen aufgebaut, Multiplikatoren überzeugt und Schlüsselpersonen gewonnen werden, um den eigenen Auftrag umsetzen zu können. Stärker noch als die direkten Datenlieferanten sind Dateninhaber – also Eltern, Schüler/-innen, (Ausbildungs)betriebe und politische Schlüsselpersonen – davon zu überzeugen, dass sensibel mit den Daten umgegangen wird und keine Rückschlüsse auf Einzelpersonen zugelassen werden. Die Auseinandersetzung mit kommunalen Statistikstellen und Datenschutzbeauftragten ist dabei von Anfang an ebenso notwendig wie lohnenswert.

Mutig sein! Neue Wege wagen!
In vielen Verwaltungen erhalten eine ämterübergreifende Zusammenarbeit und der Austausch von Daten mit dem Ziel einer Gesamtsteuerung erst seit Kurzem Einzug. Eine sich verändernde Kommunikationskultur bedeutet aber auch, sich neuer Verfahren und Diskussionsstränge bedienen zu müssen. Die Bildungsmonitorer/-innen stehen dabei an der Schnittstelle und nehmen eine wichtige Funktion bei dieser Kulturveränderung ein. Mit Ideen wie Bildungskonferenzen mit mehreren Ämtern, Projektgruppen zur integrierten Bildungs- und Sozialplanung oder der Erstellung von thematischen Auswertungen in Schnittstellenbereichen können Sie neue Wege einschlagen. So kann es Ihnen gelingen, den Dialog zu fördern, das Thema Bildung als Querschnittsthema dauerhaft zu verankern - und damit auch möglichen Vorbehalten in Richtung Datenschutz entgegenzuwirken.

Quellen:

Döbert, Hans 2007. Indikatorenkonzept und Beschreibung von Beispielindikatoren für eine regionale Bildungsberichterstattung. Gütersloh: Bertelsmann Stiftung; Feßler, Erik 2017. Datenschutz und Datenbeschaffung; Gnahs, Dieter, Hetmeier, Heinz-Werner & Schneider, Christoph 2014. Anwendungsleitfaden zum Aufbau eines kommunalen Bildungsmonitorings; Groos, Thomas 2017. Bildungsmonitoring – datengestützte Analyse, Planung und Steuerung.; Laukart, Jutta 2016. Integrierte Planungsansätze und ressortübergriefendes Datenmanagement - Ein Überblick zu Potentialen, Anforderungen und Rahmenbedingungen. Maykus, Stephan 2016. Zusammenführung von Planungsdaten als Managementaufgabe - Strategien einer Datenbasierung kommunalen Bildungsmanagements. Beide in: Transferagentur Kommunales Bildungsmanagement NRW, Bildungsmonitoring und kommunales Datenmanagement: Die Verschränkung von Datenbeständen als Grundlage für kommunales Bildungsmanagement. Münster; Niedlich, Sebastian u. a. 2015. Bildung gemeinsam gestalten. Ein Leitfaden für ein datenbasiertes kommunales Bildungsmanagement. Bonn.