Newsletter TRANSFERkompakt September 2021

Thema: Qualitätsmanagementkonzepte im non-formalen Bildungsbereich.

Die systematische Gestaltung formaler sowie non-formaler und informeller Bildungslandschaften zählt zu den Kernzielen des datenbasierten kommunalen Bildungsmanagements (DKBM). Während der Pandemie, in der zeitweise jegliche Bildungsangebote eingestellt wurden, hat sich einmal mehr gezeigt, wie wichtig auch die non-formalen und informellen Bildungsangebote sind. Sie bilden einen elementaren Bestandteil des lebenslangen Lernens. Die Verständigung mit non-formalen Bildungsakteuren und -akteurinnen über ein gemeinsames Bildungs- und Qualitätsverständnis gehört daher zu einem wichtigen Betätigungsfeld von Bildungsbüros. Der Artikel zeigt die Herausforderung des Gelingens non-formaler Bildung während und nach der Coronapandemie auf und stellt anhand eines Praxisbeispiels dar, wie Kommunen zusammen mit non-formalen Bildungsakteuren und -akteurinnen gemeinsame Qualitätsmanagementkonzepte erstellen können.

Was ist non-formale Bildung?

Bildung wird allgemein anhand der folgenden drei Kategorien definiert, wie sie im Glossar des Bildungsberichtes 2018 (BMBF 2018, S. VII-VIII) zu finden sind:

  • Formale Bildung findet in Bildungs- und Ausbildungseinrichtungen statt und führt zu anerkannten Abschlüssen.
  • Non-formale Bildung findet außerhalb staatlicher oder staatlich anerkannter Bildungs- und Ausbildungseinrichtungen für die allgemeine, berufliche oder akademische Bildung statt und führt nicht zum Erwerb eines anerkannten Abschlusses.
  • Informelles Lernen wird als nichtdidaktisch organisiertes Lernen in alltäglichen Lebenszusammenhängen begriffen, das von den Lernenden nicht immer als Erweiterung ihres Wissens und ihrer Kompetenzen wahrgenommen wird.

Non-formale und informelle Bildung werden dabei oft nicht trennscharf voneinander klassifiziert und können durchaus gleichzeitig an einem Bildungsort erfolgen (z.B. in einem Zoo, dessen pädagogische Mitarbeiter/-innen Kurse anbieten). Die Teilnahme an non-formalen Bildungsangeboten ist in der Regel freiwillig.

Zu den Akteuren und Orten der non-formalen Bildung gehören beispielsweise Volkshochschulen, Vereine, freie Träger der Jugendarbeit und -hilfe, Bibliotheken, Museen, Musikschulen, Jugend- und Freizeithäuser. Ihnen kommt dabei als Stadt- und Kulturorte eine wichtige Funktion zu, die insbesondere für den sozialen Zusammenhalt in einer Kommune wichtig sind (Transferinitiative Kommunales Bildungsmanagement 2020, S. 34). Darüber hinaus machen sie eine Kommune als Wohn- und Arbeitsort attraktiv. Die Stärkung dieser Orte und die Zusammenarbeit mit externen Akteurinnen und Akteuren im Rahmen des DKBM kann daher wirksam kommunalen Herausforderungen wie dem Fachkräftemangel begegnen.

Non-formale Bildung während und nach Corona

Ein großer Kritikpunkt von Kindern und Jugendlichen war und ist, dass sie während der Pandemie lediglich auf ihre Funktion als Schüler/-innen bzw. Auszubildene/Studierende reduziert wurden (Andresen et al. 2020, S. 16). Auch die Landesarbeitsgemeinschaft der Offenen Kinder- und Jugendarbeit Niedersachsen wies gemeinsam mit dem Landesjugendring in den letzten Monaten mehrfach darauf hin, dass ihren Angeboten zur gemeinsamen Ausgestaltung des Freizeit- und außerschulischen Bildungsangebotes in den Corona-Verfügungen kaum oder gar nicht Rechnung getragen wurde und dass so ein wichtiger Lebensbestandteil junger Menschen wegfiel (vgl. www.jugendarbeit-niedersachsen.de). Dabei dürfen die wichtigen Funktionen außerschulischer Lernangebote, wie die Befähigung zur Partizipation durch Demokratieförderangebote oder das Entgegenwirken von Bewegungsmangel durch Sportvereine, nicht außer Acht gelassen werden. 

Die Belastungsprobe Corona verdeutlicht auch hier den Vorteil von kontinuierlichen Kooperationen mit externen Akteurinnen und Akteuren: So berichten beispielsweise Akteure der Demokratieförderung, dass die Zusammenarbeit mit Schulen dann wieder erfolgreich aufgenommen werden konnte, wenn bereits vor Corona gute Kooperationsbeziehungen bestanden. Das Finden neuer kooperierender Einrichtungen gestalte sich dagegen schwieriger (Langer et al 2020, S. 124). Der Aufbau von Kooperationen zwischen verschiedenen Bildungsakteuren bildet daher ein wichtiges Tätigkeitsfeld des Bildungsmanagements, das vor allem hinsichtlich des Ausbaus der Ganztagsbetreuung als zukünftige Aufgabe in den Blick zu nehmen ist. Denn als einen der zentralen Problembereiche nennen Ganztagsschulen die Gewinnung von außerschulischen Kooperationspartnern (Justus-Liebig-Universität 2019, S. 56).

In der Zusammenarbeit verschiedener Bildungsakteure und -akteurinnen ist es wichtig, dass ein gemeinsames Verständnis über Vision, Ziele, Maßnahmen und deren Wirkung besteht, damit alle Beteiligten an „einem Strang ziehen“. Eine Ausrichtung auf ein wirkungsorientiertes Qualitätsmanagement sorgt dafür, dass Ziele und Maßnahmen an der Zielgruppe ausgerichtet sind. 

Von der Vision zur Evaluation: Der Weg zum Qualitätsmanagementkonzept anhand des Steuerungskreislaufes

Der Steuerungskreislauf zeigt auf, wie ein Konzept für das Qualitätsmanagement im non-formalen Bereich erarbeitet und zur Umsetzung gebracht werden kann.

Führen Sie sich vor Augen, was im Bereich der non-formalen Bildung in Ihrer Kommune langfristig erreicht werden soll und stimmen Sie diese Vision mit anderen Bildungsakteuren und -akteurinnen ab. Arbeiten Sie mit  Akteurinnen und Akteuren zusammen, die Sie bereits kennen und mit denen sie die Zusammenarbeit vertiefen und strukturieren wollen. Eine gemeinsame Konzepterarbeitung dient der Verständigung über gemeinsame (Qualitäts-)Ziele, Vorgehensweisen und Maßnahmen.

Falls Sie bereits in Ihrer Bildungslandschaft über eine Bildungsvision,-strategie oder -ziele verfügen, sollten Sie Ihr Konzept für den non-formalen Bereich mit diesem abstimmen, um Zielkonflikte zu vermeiden.

Suchen Sie ein Pilotprojekt, um Ihr Konzept zu prüfen und ggf. weiterzuentwickeln. Entwickeln Sie Ihr Konzept an einem Projekt entlang, beachten Sie aber dabei die Transferierbarkeit auf weitere zukünftige Projekte, um Doppelarbeit zu vermeiden. Das Konzept bildet einen theoretischen Überbau, der Sie dabei unterstützen soll Ihre Projekte nach einem ähnlichen Schema zu strukturieren. Dies macht sie vergleich- und überprüfbar und kann dazu dienen, Ihnen die zukünftige Arbeit, beispielsweise bei Förderanträgen, zu erleichtern.

Machen Sie Monitoring und Evaluation zu einem integralen Bestandteil Ihres Konzeptes. Die Überprüfung der Maßnahmen aus Ihrem Konzept dient zum einem dazu, die Wirkung Ihrer Maßnahmen zu evaluieren und ggf. nachzusteuern und zum anderen die effektive Ausgabe von finanziellen Mitteln gegenüber Projektträgern, Politik und Öffentlichkeit aufzuzeigen. Planen Sie für die Datenerhebung von Anfang an Zeit und Ressourcen in Ihrem Projektplan ein und verdeutlichen Sie die Bedeutung des Monitorings gegenüber Ihren Projektpartnern und -partnerinnen. (Anregungen für Indikatoren aus dem non-formalen Bereich finden Sie im Anwendungsleitfaden für den Aufbau eines kommunalen Bildungsmonitorings).

Praxisbeispiel – Qualitätsmanagement im Landkreis Stade

Der Landkreis Stade verfügt über eine ausdifferenzierte Bildungsstrategie mit Leitgedanken, Leitzielen und den Handlungsfeldern Übergänge gestalten, Fachkräfte sichern, Bildungsqualität sowie Vernetzung und Unterstützung. Die Strategie bildet den Rahmen für die Arbeit des Bildungsbüros. Um die Wirkung und Qualität der Ziele und Maßnahmen überprüfen zu können, entschied sich das Bildungsbüro dazu, ein wirkungsorientiertes Qualitätsverständnis zu entwickeln. Dieses kommt konkret in dem Projekt „Jugend macht MINT“ (JuMaMi) zur Anwendung, in dem MINT-Bildungsangebote für den non-formalen Bereich erarbeitet werden. Als eines von bundesweit 22 MINT-Clustern baut der Verbund um den Landkreis Stade als Koordinator eine Lernstruktur auf, die den Jugendlichen in den Jugendräumen und -treffs niedrigschwellige Teilnahmemöglichkeiten an MINT-Angeboten eröffnet.

Entwicklung eines Qualitätsmanagementssystems als Pilotprojekt

Im Rahmen der Begleitung durch die Transferagentur Niedersachsen erarbeitete das Bildungsbüro ein wirkungsorientiertes Qualitätsverständnis, das sich auf die Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität bezieht. Hierfür wurden zunächst verschiedene Qualitätsmanagementssysteme erkundet und anschließend in einem internen, selbstreflexiven Prozess ein gemeinsames Verständnis festgelegt. Im nächsten Schritt wurde entschieden, die praktische Nutzung des Qualitätsmanagementssystems als Pilotprojekt im Rahmen von „JuMaMi“ zu testen.  Das entwickelte Qualitätsverständnis wurde den Verbundpartnern vorgestellt und das weiteren Vorgehen zur Integration des Qualitätsmanagements gemeinsam mit ihnen abgestimmt. Die Ziele des Projektes wurden bereits im Rahmen des Projektantrages zusammen mit den Projektpartnern definiert.
Die Operationalisierung der Ziele durch entsprechende Maßnahmen wurde gemeinsam bestimmt und die Durchführung den jeweiligen Projektpartnern zugeordnet. Zudem wurde ein Datenerhebungsplan für jedes einzelne Arbeitspaket erstellt, indem u.a. die Fragestellung, der zu messende Indikator und das Datenerhebungsinstrument festgelegt wurden (siehe Datenerhebungsplan von Phineo). Ebenso wurde der Zeitpunkt der Datenerhebung in den Projektzeitplan integriert, sodass entsprechende Zeitressourcen zur Verfügung stehen. Darüber hinaus sieht der Projektplan verschiedene Monitoring- und Evaluationszeitpunkte vor. Die Ergebnisse können dann für die Antragsstellung zur zweiten Projektphase (2023-2025) genutzt werden.

Gelingensbedingungen und Mehrwerte

Durch die bereits vorher bestehenden und gut ausgebauten Netzwerke mit externen Partnerinnen und Partnern, die im Rahmen der externen Kooperation gestaltet wurden, konnte schnell auf die Projektausschreibung reagiert werden. „JuMaMi“ wird genutzt, um das Qualitätsmanagementkonzept einer praktischen Prüfung zu unterziehen und es mithilfe der Erfahrungen aus dem Projekt weiterzuentwickeln, sodass anschließend ein Qualitätsmanagementsystem für die gesamte Bildungsregion genutzt und etabliert werden kann. Zudem besteht – da es sich um ein durch Drittmittel finanziertes Projekt handelt – eine Berichtspflicht an den Projektträger. Die Wirkungsmessung kann den Erfolg der Maßnahmen gegenüber dem Projektträger stichfest begründen und die Qualität der geplanten Maßnahmen darstellen. Darüber hinaus können die ermittelten Daten für die erforderlichen Berichte und die eigene Öffentlichkeitsarbeit sowie gegebenenfallls weitere Projektanträge genutzt werden.

Autorin: Melora Felsch, Transfermanagement, Transferagentur Niedersachsen