Newsletter TRANSFERkompakt März 2021

Thema: Integration durch Bildung – kommunale Integrationskonzepte entwickeln.

Das Querschnittsthema Integration ist in vielen Kommunen schon lange auf der Tagesordnung. Die Vielfalt der Menschen, ihre unterschiedlichen Fähigkeiten, kulturellen Hintergründe, Empfindungen und Ausrichtungen sind gleichzeitig Chance und Herausforderung für Kommunen. Ein wichtiger Baustein für die Integration von Zugewanderten in Kommunen ist die Bildungslandschaft und ihre Angebote, die Zugang zur Sprache und in den lokalen Arbeitsmarkt ermöglichen können. Ein kommunales Integrationskonzept ermöglicht, die zwei Querschnittsthemen Bildung und Integration zusammenzuführen und die in verschiedenen Bereichen angesiedelten Maßnahmen an einer gemeinsamen strategischen Zielsetzung auszurichten. Ein Konzept bildet so einen wichtigen Bestandteil des DKBM. Welche Schritte bei der Erarbeitung eines Integrationskonzeptes hilfreich sind und welche Rolle das Integrationsmonitoring dabei spielt, werden im folgenden Überblick beantwortet.

Warum ein kommunales Integrationskonzept? 

Auch vor dem „langen Sommer der Migration“ 2015/2016 verfügten bereits einige Landkreise und kreisfreie Städte über etablierte Integrationsmaßnahmen. Zunächst bestand die erste Reaktion vieler Kommunen in einer Erstversorgung der Zugewanderten. Um nicht nur reaktiv und kurzfristig auf Bedarfe und Veränderungen einzugehen, entwickelten einige von ihnen Integrationskonzepte, die die Entwicklung im Themenfeld Bildung und Integration zu einer erwünschten Vision hinführte.

Vorteile eines kommunalen Integrationskonzeptes:

  • Doppelstrukturen werden in einem ersten Schritt durch eine Bestandsaufnahme erkannt und können reduziert bzw. durch eine Orientierung auf ein Ziel hin neu strukturiert werden.
  • Die Querschnittsthemen Bildung und Integration können fachdienstübergreifend bearbeitet und Maßnahmen abgestimmt werden.
  • Daraus entsteht ein Netzwerk für ein schnelleres und flexibleres Reagieren auf auftretende Herausforderungen, zu dem das Integrationskonzept und das darin entwickelte Integrationsverständnis einen Handlungsleitfaden bieten.

Was ist der erste Schritt zur Entwicklung eines kommunalen Integrationskonzeptes?

Bei der Entwicklung eines Integrationskonzeptes sind neben den zu beteiligenden Akteuren auch verschiedene definitorische und normative Fragen zu klären. Gerade bei einem oft kontroversen Thema wie Integration kann es hilfreich sein, zunächst die Haltung, die bei dem Thema handlungsleitend sein soll, zu klären und ggf. in einem Leitbild festzuhalten. Die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) plädiert hier für einen Blick auf die Potenziale, die Integration bringt, statt auf eine defizitorientierte Sichtweise, die Integration eher problematisiert (Pamp 2017a, S. 16). Ein Integrationskonzept, das differenziert die Unterschiedlichkeit der Zuwanderer in den Blick nimmt, kann den Weg ebnen, für einen breiteren, zielgruppenübergreifenden Diversitätsansatz in einer Kommune. Diese Entscheidungen über normative Richtungsfragen sind Gegenstand politischer Prozesse (Buck et al. 2020, S. 23). Eine durch Fakten gestützte, realitätsnahe Auffassung von Integration kann dabei einen sachlichen Umgang mit dem Thema in der öffentlichen Diskussion unterstützen.

Das Integrationskonzept sollte drei elementare Fragen klären: 

  • Was verstehen die relevanten Akteure der Institutionen der Kommune unter Integration?
  • Wer sind die Zielgruppen des Konzeptes?
  • Welche Rolle kommt dem Landkreis und den relevanten Akteuren im Integrationsprozess zu?

Checkliste: Wie kann eine Kommune ein Integrationskonzept entwickeln?

Der Vorteil von langfristig angelegten Konzepten besteht darin, dass sie relativ unabhängig von politischen Konjunkturen sein können. Gleichzeitig ist es für ihr Entstehen essenziell, die Unterstützung der aktuellen Verwaltungsspitze und politischen Führung einzuholen, wie auch die Beispiele zeigen (Buck et al. 2020, S. 22; Münch/Schreiner 2019, S. 6). Die in dem Konzept vereinbarten Ziele sollen dabei eine Richtung formulieren, in die sich die Kommune entwickelt. Diese Richtungsziele bieten eine erste Orientierung und können als Basis für Wirkungsziele genutzt werden, die ein gewünschtes Resultat beschreiben (Pamp 2017b, S. 57). Die Ziele definieren einen Rahmen, der über Ressortinteressen hinausgeht. Die Operationalisierung der Ziele legt anschließend die klare Aufgabenverteilung sowie Zuständigkeit und personelle/finanzielle Ausstattung und Ressourcen fest (Münch/Schreiner 2019, S. 7).

Neben dem Einbezug der strategischen Spitze können die Ziele und Maßnahmen in einem partizipativen Prozess formuliert werden. Da Integrationsarbeit oft von einer großen Anzahl ehrenamtlicher Akteure geprägt wird, ist deren Einbeziehung ebenso zu empfehlen wie die Mitarbeit migrantischer Communites sowie der örtlichen Wirtschaft. In Landkreisen ist darüber hinaus selbstverständlich die Mitnahme der kreisangehörigen Gemeinden notwendig. In regelmäßigen, landkreisweiten Austauschrunden können sich die Akteure für die Erarbeitung und Evaluation des Konzeptes austauschen (Münch/Schreiner 2019, S. 4-6). Einen übersichtlichen Leitfaden zur Erarbeitung eines Konzeptes bietet unsere neue Checkliste „10 Schritte zum Integrationskonzept mit Bildungsschwerpunkt“

Wie kann ein Monitoring ein Integrationskonzept unterstützen?

Die Daten und Bedarfe rund um Integration und Bildung in einer Kommune zu erheben, ist Aufgabe des Integrationsmonitorings. Aus einer großen heterogenen Mischung bildet das Monitoring des DKBM unterscheidbare Gruppen mit identifizierbaren Bedarfen. Über die Spiegelung mit den vorhandenen Angeboten werden Lücken sichtbar gemacht, gezielte Investitionen in Formate, Ausstattung oder personelle Qualifizierung werden möglich. So wird die Bildungslandschaft vervollständigt, um den wichtigen Anforderungen von Inklusion, Integration und Diversität gerecht zu werden.

Insgesamt sollten bei einem das Integrationskonzept begleitenden Monitoring folgende Fragen beantwortet werden:

  • Ziel und Nutzen der Datenerhebung klar definieren: Warum will sich die Kommune mit einem Integrationsmonitoring befassen?
  • Vorgehen: Welche Konzepte, Kompetenzen, Ressourcen und Daten liegen vor?
  • Indikatorenwahl: Welche Daten sind relevant, zugänglich und bearbeitbar? (Bartsch/Reimann o.J.)

Es ist eine hohe Sorgfalt bei der Definition und Operationalisierung der verschiedenen Begriffe im Themenfeld Integration angebracht. Hinter Begriffen wie „Zuwanderer“ und „Migrationshintergrund“ verbirgt sich eine sehr große definitorische Vielfalt, sowohl alltagssprachlich als auch rechtlich, mit verschiedene Merkmalsausprägungen wie die nachfolgende Abbildung zeigt. Dies schränkt die Vergleichbarkeit von Daten oft ein.

Bildungsberichte mit Integrationsbezug aus Niedersachsen

Eine gute Einführung in dieses Thema und einen Überblick über die verschiedenen Kennzahlen bietet die aktuelle „Handreichung Bildung und Migration“ der Transferinitiative Kommunales Bildungsmanagement (Giar 2020). In der Handreichung werden auch drei Bildungsberichte mit einem Integrationsbezug aus niedersächsischen Kommunen vorgestellt: Landkreis Stade (S. 61), Landkreis Emsland (S. 74), Landkreis Osnabrück (S. 76).

Die Vielfalt der Erhebungsmerkmale gibt bereits Hinweise darauf, dass die Erfahrungen der Menschen mit Migrationshintergrund höchst vielfältig und komplex sind. Im Kontext von Integration und Bildung zeigt die Forschung, dass das Vorurteil, dass Menschen mit Migrationshintergrund einen besonderen (Sprach)förderbedarf oder ein generell niedriges Bildungsniveau haben, in seiner Pauschalität nicht haltbar ist, sondern eine differenzierte Betrachtung erfordert, die weitere Kontextinformationen und Faktoren wie sozioökonomische Herkunft oder Geschlecht in die Analyse mit aufnimmt (Giar 2020, S. 88). Auch die eingangs beschriebene Einbeziehung der migrantischen Communites kann im Monitoring und in der Evaluation von Maßnahmen unterstützen, da über die Zielgruppe selbst wertvolle, qualitative Informationen erlangt werden können (Pamp 2017b, S. 57). Bei der Erarbeitung eines Konzeptes empfiehlt es sich daher, gemeinsam mit den Akteuren eine Begriffsklärung vorzunehmen und diese im Konzept zu verschriftlichen, damit transparent ist, wer die Zielgruppe des Konzeptes ist und welche Definition und Operationalisierung bei den gezeigten Daten verwendet wurde (Giar 2020, S. 88).

Autorin: Melora Felsch, Transfermanagement, Transferagentur Niedersachsen