Newsletter TRANSFERkompakt März 2021
Thema: Digitale Plattformen als Unterstützung für Berufsorientierung.
Der Übergang von der Schule in Ausbildung, Studium und Beruf ist ein in vielen Kommunen nachgefragtes, zentrales Themenfeld des kommunalen Bildungsmanagements. Die Wahl der Ausbildung stellt grundlegende Weichen für die Lebens- und Entwicklungsperspektiven junger Menschen. Viele Schülerinnen und Schüler wissen noch nicht genau, was sie nach der Schule machen möchten bzw. können (vgl. Calmbach, Marc und Schleer, Christoph (2020): Berufsorientierung und „Future Readiness“ Jugendlicher). Hohe Abbrecher/-innenquoten (siehe dazu: Bildungsbericht 2020) unter Auszubildenden und Studierenden (Projekt Erfolgreich 4.0 oder Projekt Neustart) sind ein klares Indiz dafür, dass einige von ihnen nach Abschluss der Schule nicht die richtige Entscheidung treffen. Zudem belegen Befragungen in Schulen, dass sich Schülerinnen und Schüler – unabhängig von der besuchten Schulform – eine bessere Vorbereitung auf das Leben nach der Schule wünschen. Ebenso können die Eltern ihnen nur bedingt bei der beruflichen Orientierung helfen (vgl. Schleer 2018).
Das zeigt: Es besteht sowohl bei den Schüler/-innen als auch bei den Eltern ein hoher Informations- und Orientierungsbedarf. Neben klassischen, analogen Orientierungsmaßnahmen stellen digitale Angebote eine gute Ergänzung dar, denn digitale Technologien sind inzwischen zu einem selbstverständlichen Teil des alltäglichen Lebens geworden und verändern grundlegend, wie wir lernen und lehren. Betroffen sind hiervon auch kommunale Bildungslandschaften, die sich mit den veränderten Bedingungen auseinandersetzen und entsprechende Angebote schaffen müssen.
Welche Vorteile bieten digitale Formate?
Digitale Bildungsformate wie Wikis, Blogs oder eLearning-Plattformen können zeit- und ortsunabhängig in Anspruch genommen werden. Ähnlich verhält es sich beim Prozess der Berufsorientierung, der nach dem Thüringer Modell aus vier Phasen besteht (siehe Abbildung nach berufsorientierungsprogramm.de). Von zu Hause aus können zum Beispiel Berufswahl- oder Kompetenzchecks durchgeführt und gemeinsam mit beratenden Stellen (auch online) besprochen werden. Digitale Formate bieten in dem weiten Feld an Aus- und Bildungsmöglichkeiten Orientierung, denn diese fungieren als Filter der individuellen Interessen sowie der Ermittlung der eigenen Kompetenzen und Stärken. Sie dienen also der Erkundung der Berufsfelder und unterstützen in der Entscheidungsvorbereitung.
Auf Internetplattformen wie Dein erster Tag oder digitale Berufe werden die unterschiedlichsten Berufe vorgestellt und erlebbar. Auch auf die Region zugeschnittene Informationsplattformen wie die Ausbildungsregion Osnabrück liefern einen umfassenden Einblick in Berufsfelder, in passende Ausbildungsstellen und berichten über sämtliche Ausbildungsaktivitäten in der Region.
Was ist bei der Nutzung zu beachten?
Entscheidend bei der Aufbereitung von Informationen ist eine medienbruchfreie Informationskette, d.h. Schüler/-innen erhalten alle notwendigen Informationen aus einer Hand, an einem Ort und auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnitten. Hierdurch wird nicht nur die Qualität der Informationen gewährleistet, sondern der Internetauftritt sorgt auch für einen Wiedererkennungswert. Im Ergebnis entsteht ein professioneller Gesamteindruck: Der/die Besucher/-in der Internetseite verbleibt dort, kehrt zurück und teilt die Seite mit Dritten, wie zum Beispiel Freund/-innen und Kolleg/-innen. Digitale Angebote der Berufsorientierung bieten eine zeitgemäße Ergänzung zu den bisherigen Angeboten der Berufsorientierung, denn der persönliche Kontakt zwischen Beratenden, Auszubildenden und Schüler/-innen sowie deren Eltern ist nach wie vor das wichtigste Element der Berufsorientierung.
Welchen Beitrag kann ein DKBM leisten?
Die Kommunen haben bei der Berufsorientierung die Möglichkeit, eine Orientierungs- und Gestaltungsfunktion einzunehmen. Im Rahmen eines datenbasierten kommunalen Bildungsmanagements (DKBM) bringen sie Akteur/-innen an einen Tisch, um Angebote und Systeme miteinander abzustimmen und zu harmonisieren. Sie fördern Berufsorientierung, Transparenz und Beratung für Schüler/-innen und Eltern sowie ein entsprechendes Monitoring.
Die Schulen leisten bei der Berufsorientierung ebenfalls einen wichtigen Beitrag. Die angebotenen Maßnahmen der Sekundarschulen (Sek.) I und II bestehen zum Beispiel aus dem Kompetenzfeststellungsverfahren, dem Schülerbetriebspraktikum, dem Zukunftstag für Mädchen und Jungen oder auch in der Einrichtung und Betreuung einer Schülerfirma. Dabei werden die verschiedenen Akteur/-innen, wie die Bundesagentur für Arbeit, die berufsbildenden Schulen, die Hochschulen oder die Betriebe mit eingebunden, um den Schüler/-innen eine möglichst gute berufliche Orientierung zu geben. Um digitale Berufsorientierung auch weiterhin in den Schulunterricht einzubinden, ist das Format der „digitalen Ausbildungsbotschafter/-innen“ (z.B. vom Landkreis Emsland, der Handwerkskammer Osnabrück – Emsland – Grafschaft Bentheim oder des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg) gut geeignet. Die Informationen können in einer digitalen Unterrichtsstunde vermittelt werden und die Hemmschwelle, Nachfragen zu stellen, ist geringer, da sich der/die Botschafter/-in auch kurz zuvor noch in einer beruflichen Orientierungssituation befunden hat.
Welche digitalen Anwendungen und Kommunikationskanäle zur Ansprache der Schülerinnen und Schüler gibt es noch?
- Digitale Anwendungen (Apps, Virtual Reality, Serious Games – z.B. Bundesagentur für Arbeit, berry2b oder Dein erster Tag)
- Berufs- und Kompetenztests (z.B. der AMS Berufskompass oder Berufsorientierung digital gestalten)
- Plattformen (z.B. Ausbildungsregion Osnabrück oder meine-berufserfahrung.de)
- Online-Beratung (z.B. Berufsorientierung online der Ausbildungsregion Osnabrück)
- Berufs- und Studieninformationsmessen (z.B. ausbildung49.de, abi-zukunft.de oder ausbildung-dan.de)
- Sonstiges (z.B. videobasiertes interaktives Lernen über viaMINT, Coaching4Future des Bildungsnetzwerkes Baden-Württemberg oder job4u-ev.de)
Fazit: Vorteile für Schülerinnen und Schüler sowie Akteure im DKBM
Die digitale Berufsorientierung stellt eine sinnvolle Ergänzung zu den analogen Formaten dar. Beispielsweise ist eine stärkere Individualisierung im Berufsorientierungsprozess durch die Ausrichtung an den Bedürfnissen und Interessen der Schüler/-innen möglich. Die Vorteile von digitalen Formaten für Schüler/-innen sind:
- Individualisierung
- Unterstützung in der Entscheidungsfindung
- Zeit- und ortsunabhängig
- Erreichen eines breiten Publikums (Eltern, Lehrende, usw.)
Strukturen des DKBM unterstützen die Kommunen und ermöglichen die Gestaltung der Bildungslandschaft vor Ort. Nehmen Sie als verantwortliche Bildungsakteur/-innen diese Gestaltungsfunktion wahr und wirken Sie auf ein abgestimmtes, zielgerichtetes Handeln zwischen allen Beteiligten im Prozess der Berufsorientierung hin. Für Akteur/-innen aus dem DKBM ergeben sich die folgenden Vorteile:
- Das Arbeiten an einer gemeinsamen Internetplattform ist Anlass zum (weiteren) Aufbau und zur Verstetigung von Kooperationsstrukturen.
- Das gemeinsame Ziel, Schüler/-innen in Ausbildung zu bringen, erhöht die Motivation und stärkt die Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Institutionen wie auch den Fachbereichen/-diensten innerhalb der Kommune.
- Eine gemeinsame Plattform schafft Transparenz und macht die Attraktivität einer Ausbildungsregion sichtbar sowie greifbarer.
- Ein attraktives Gesamtpaket an Berufsorientierungsmaßnahmen stärkt die Identifikation mit der Region und leistet so einen wesentlichen Beitrag zur Fachkräftesicherung.
Autorin / Autor: Melora Felsch und Nils Holtmann, Transfermanagement, Transferagentur Niedersachsen