Newsletter TRANSFERkompakt September 2022

Interview: Mehrwerte des kommunalen Bildungsmanagements für den Landkreis Stade.

Der Landkreis Stade hat sich zum Ziel gesetzt, alle Menschen im Landkreis bestmöglich in ihrer Bildungsbiografie zu unterstützen und entsprechend gute Bildungsbedingungen zu ermöglichen. Im Rahmen seiner bereits lange währenden DKBM-Tradition wurden das Bildungsbüro und der Bildungslotse nachhaltig etabliert sowie zahlreiche Maßnahmen auf den Weg gebracht. Mit der Bewerbung für das neue Förderprogramm „Bildungskommunen“ soll an diese bereits erfolgreich umgesetzten Maßnahmen angeknüpft werden, um gesellschaftliche Herausforderungen auch zukünftig mithilfe des Bildungsmanagements und -monitorings zu meistern. Als eine der ersten Kommunen hat sich der Landkreis Stade darüber hinaus entschlossen, Mitglied im 2021 gegründeten Verein Transferagentur Niedersachsen e.V. zu werden. Im Interview erläutert Landrat Kai Seefried, welche Ergebnisse durch das datenbasierte kommunale Bildungsmanagement (DKBM) bereits erzielt werden konnten, welche Schwerpunkte zukünftig als „Bildungskommune“ gesetzt werden sollen und warum der Landkreis sich für eine Vereinsmitgliedschaft entschieden hat.

Herr Landrat Seefried, welche konkreten Mehrwerte durch die Einführung des datenbasierten kommunalen Bildungsmanagements (DKBM) sehen Sie für Ihren Landkreis?
Landrat Kai Seefried (KS):
Das Bildungsmonitoring schafft eine verlässliche Datengrundlage, auf deren Basis steuernde Entscheidungen getroffen werden können, schließlich sind dem Landkreis Stade gute und lebenslange Bildungsmöglichkeiten enorm wichtig. Ein Beispiel für die Bedeutung des kommunalen Bildungsmanagements ist die Förderung von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund. Bereits im Jahr 2011 zeigte eine Abfrage, dass diese Jugendlichen aufgrund ihrer Sprachkenntnisse in Deutsch deutlich seltener einen höheren Bildungsabschluss machen – ein Trend, der deutschlandweit gilt. Wir im Landkreis Stade haben daher eine eigene Stelle für die Koordination der Spracherwerbsförderung eingerichtet, die wir in einer Kooperation mit den beiden Volkshochschulen im Landkreis Stade finanzieren. Essentiell für solche Projekte sind wiederum zuverlässige Daten. Im Landkreis Stade werden aufgrund dieser Erkenntnisse von der ersten Klasse bis zu den berufsbildenden Schulen Kinder zusätzlich in Deutsch gefördert. Die Rückmeldungen der Schulen sind sehr positiv! Der Bildungsbericht 2024 wird zeigen, ob dieser Erfolg auch messbar ist.

Der Landkreis hat bereits eine lange DKBM-Tradition. Das Bildungsbüro und der Bildungslotse sind etabliert und im Landkreis bekannt, zahlreiche Maßnahmen wurden auf den Weg gebracht. Welche Erfolge wurden durch das DKBM erreicht?
KS:
Insbesondere das Bildungsmonitoring ist ein echter Mehrwert, von dem unter anderem das Bildungsbüro profitiert, das wiederum die Homepage www.bildungslotse.info pflegt. Mit dieser Website erreichen wir die Bevölkerung, die Ehrenamtlichen, die professionellen Bildungsberater:innen sowie die Lehrkräfte gleichermaßen. Die Datenbank umfasst mehr als 3.000 Kurse sowie zahlreiche Hintergrundinformationen in der gesamten Breite. Außerdem bringt das Bildungsbüro das Journal „Bildung im Blick“ heraus, in dem beispielsweise Themen vertieft werden. Neben der Information ist aber auch die Zusammenarbeit der Fachleute essentiell, etwa bei Konferenzen, Fachtagungen oder bei Netzwerktreffen. Sie erarbeiten dann Projekte, die sich an den Bedürfnissen der Zielgruppen orientieren. Dafür ist wieder das DKBM hilfreich. Für die Koordination all dieser Bereiche ist mit dem Bildungsbüro eine eigene Abteilung beim Landkreis Stade tätig, wofür ich sehr dankbar bin. Denn dort trägt ein engagiertes Team die Verantwortung und fungiert als Schnittstelle der Beteiligten. Bildungspolitik ist eben nicht nur Ländersache, sondern auch auf kommunaler Ebene unabdingbar. Hier ist der Landkreis Stade gut aufgestellt. Darauf ruhen wir uns aber selbstverständlich nicht aus.

Der Landkreis bewirbt sich bei dem Förderprogramm „Bildungskommunen“. Warum hat sich der Landkreis für eine Bewerbung entschieden und welche Schwerpunkte will der Landkreis Stade zukünftig als Bildungskommune setzen?
KS:
In den vergangenen Jahren hat der Landkreis Stade von zahlreichen Förderungen des Landes und des Bundes profitiert. Daran möchten wir mit dem neuen Programm „Bildungskommunen“ anknüpfen, um die verschiedenen Herausforderungen zu meistern – zum Beispiel auch solche, die durch globale Krisen ausgelöst wurden. Der Ukraine-Krieg und der Klimawandel haben auch Auswirkungen auf die Bildungslandschaft im Landkreis Stade. Wir möchten die politische Bildung ausbauen, um die Bedeutung des demokratischen Systems zu vermitteln. Das ist ein Thema, das angesichts des Krieges in der Ukraine enorm wichtig ist. Die Bildung für Nachhaltige Entwicklung ist ebenso aktueller denn je. Klimaschutz muss auch aus der Bildungsperspektive heraus betrachtet werden. Dafür benötigen wir allerdings personelle Verstärkung im Bildungsbüro, die hoffentlich durch die Förderung finanziert werden kann.

Zur Person

Name: Kai Seefried
Tätigkeitsbeschreibung: Landrat
Tätigkeitsbeginn: 1. November 2021

> Bildungsportal des Landkreises Stade


KS: Dringende Themen bei uns im Landkreis sind außerdem der Fachkräftemangel in nahezu allen Branchen und fehlende Auszubildende sowie der Rechtsanspruch auf einen Ganztagsgrundschulplatz ab 2026 und der Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz. Hier sind bereits neue Ausbildungskonzepte geplant, die personell derzeit allerdings nicht realisiert werden können. Das Förderprogramm Bildungskommunen könnte hier Abhilfe schaffen und hervorragende und zugleich so wichtige Ideen und Ansätze umsetzen. 

Der neu gegründete Verein Transferagentur Niedersachsen e.V. soll die Arbeit der Transferagentur erfolgreich weiterführen. Als eine der ersten Kommunen hat sich auch der Landkreis Stade entschlossen, Mitglied zu werden. Warum hat sich der Landkreis für eine Vereinsmitgliedschaft entschieden?
KS:
Das datenbasierte Bildungsmanagement lebt von dem organisatorischen Austausch, der Koordination und einer breiten Themenvielfalt. All das bietet der Verein. In den vergangenen Jahren haben wir sehr von den Angeboten der Transferagentur profitiert. Das niedersachsenweite DKBM-Netzwerk, die qualitativ hervorragenden Fachtage mit ausgezeichneten Referenten aus Wissenschaft und Praxis sowie der breite thematische Erfahrungshorizont der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben die Transferagentur zu einer festen Stütze des Bildungsbüros gemacht. Vor allem der organisierte Austausch trägt dazu bei, auch von anderen Bildungsregionen zu lernen und erfolgreiche Produkte und Projekte zu übertragen. Daher ist die Vereinsmitgliedschaft für uns selbstverständlich.

Wir danken Ihnen herzlich für das Interview, Herr Landrat Seefried!