NACHBERICHT DES FACHTAGES BILDUNGSMANAGEMENT
BILDUNG FÜR ALLE - KOMMUNALES BILDUNGSMANAGEMENT ALS LÖSUNGSANSATZ.

Begrüßung: Landrat des Landkreises Grafschaft Bentheim, Friedrich Kethorn

Mit einem kurzen Einstieg in die Geschichte der Region, die eigentlich keine Grafen, wohl aber einen Fürsten aufweisen kann, stellte der Landrat Friedrich Kethorn den wirtschaftsstarken und wachsenden Landkreis Grafschaft Bentheim als „Bayern des Nordens“ vor. Trotz der eigentlich positiven Daten muss man sich auch hier den Herausforderungen des demografischen Wandels und dem damit einhergehenden Fachkräftemangel sowie den zu erwartenden Belastungen des öffentlichen Haushaltes widmen. Die Grundlagen sowohl für die beruflichen Perspektiven und gesellschaftliche Teilhabe aller Bürgerinnen und Bürger als auch für die Zukunftsfähigkeit der Region müssen als gute Ausgangsposition geschaffen werden. In Bildung zu investieren resultiert dabei aus dem Grundverständnis des Landkreises, dass die Kommunen einen wichtigen Eckpfeiler für die Bildungsprozesse in den verschiedenen Lebensphasen bilden. Der Landrat beschrieb, dass die Grafschaft Bentheim bereits verschiedene Projekte und Maßnahmen im Bereich Bildung umgesetzt hat und hob besonders das Projekt der „Familienbildungslotsen“ hervor. Das Ziel des Landkreises ist es darüber hinaus, einen Steuerungskreislauf für das Bildungsmanagement zu implementieren. 

Als Grundlage dafür wurde mit dem Kreistagsbeschluss im Dezember 2012 die Einführung eines kommunalen Bildungsmonitorings beschlossen, das als erstes Produkt eine Bildungslandkarte erarbeitet hat. 2013 konnte eine Stelle für das kommunale Bildungsmanagement installiert werden, die mit der Erstellung eines Bildungsberichtes bis Ende 2016 beauftragt wurde. Um die Partizipation zu gewährleisten und die Akzeptanz des Berichtes zu erarbeiten, wird das weitere Vorgehen regelmäßig mit dem Schulausschuss abgestimmt. Seit 2014 ist der Landkreis Mitglied im Trägerverein Transferagentur Kommunales Bildungsmanagement Niedersachsen e.V. Im Juni 2015 wurde eine Zielvereinbarung abgeschlossen, um mit der Begleitung durch die Transferagentur Niedersachsen das Bildungsmonitoring als Basis eines integrierten Bildungsmanagements weiterzuentwickeln. Konkret sollen die Vernetzungsstrukturen verbessert, die Wirksamkeit der bisherigen Arbeit gesteigert  und der Stand der bisherigen politischen Diskussion zu Bildungszielen ermittelt werden.

Vortrag: Erfolgs- und Qualitätsfaktoren des kommunalen Bildungsmanagements

In ihrem Vortrag betonte Dorothea Minderop, wie umfassend der Verantwortungsbereich der Kommunen in Sachen Bildung ist. Städten und Gemeinden kommt seit langem eine Schlüsselposition für erfolgreiche Bildungsprozesse vor Ort zu. Bildungsmanagement ist dabei mehr als eine bessere Form der Verwaltung. Die Abstimmung, Kooperation und Koordinierung der vielen Bildungs- und Beratungsangebote kann mit den bewährten Instrumenten nicht bewältigt werden, sondern braucht geeignete Organisationsformen für eine zielgerichtete Steuerung.

Dorothea Minderop fügte in ihrem Vortrag das Bild des gelingenden kommunalen Bildungsmanagements als Puzzle der Qualitätsfaktoren zusammen und erläuterte dabei vier wesentliche Teilbereiche. Erstens geht es um das entschiedene Wissen um die Notwendigkeit eines Bildungsmanagements und ein gemeinsames Verständnis bei allen Akteuren der kommunalen Bildung sowie deren systematische Zusammenarbeit. Zweitens braucht es Partner, die Vorstellungen und Verantwortung teilen und in die kooperative Abstimmung mit den Ämtern einzubeziehen sind. Dafür muss geklärt sein, wer von den identifizierten Problemen konkret betroffen ist, für wen eine Veränderung der Situation dringend ist und wer entscheidenden Einfluss nehmen kann.

Zu den relevanten Akteuren zählen Vertretungen aus der frühkindlichen Bildung und Betreuung, der Wirtschaft und nicht-staatlichen Weiterbildung, der Vereine, der Stiftungen und den Schulen. Damit ist nicht zuletzt das Land mit in der Qualitätsverantwortung.

Für den langfristigen Erfolg des gemeinsamen Vorhabens braucht es drittens geregelte Strukturen sowie viertens die Überprüfung der einzelnen Aktivitäten und eine nachhaltige Sicherung der Qualität.

Erfolgsfaktoren wirken wie Wegweiser, die versprechen, das Ziel zu erreichen. Indem das Vorhaben zur Chefsache erklärt, Mehrwerte für Beteiligte erkennbar und Menschen, Institutionen und Wirtschaft einbezogen werden, gewinnt man Unterstützung, so Dorothea Minderop. Erst die Transparenz über die Bildungs- und Beratungsangebote und deren Qualität ermöglicht das erfolgreiche Lernen im Lebenslauf. Zumindest auf mittlere Sicht muss sich für alle Beteiligten ein nachweisbarer Nutzen einstellen. Eigene Interessen, die gemeinsamen Zielen im Weg stehen, Vorbehalte gegen Veränderungen oder Ressourcenengpässe bezeichnet sie als Stolpersteine, die beachtet werden sollten und denen mit einer frühzeitigen, offenen Kommunikation begegnet werden kann.

Vortrag: Das Konzept des Transfers guter kommunaler Praxis und das Angebot der Transferagentur Kommunales Bildungsmanagement Niedersachsen

„Wo steht Ihre Kommune?“ war die Frage, die zu Beginn des Fachtages an die Teilnehmenden gerichtet wurde. Die Selbsteinschätzung der Akteure zeigte ein breites Spektrum von unterschiedlichen Ständen des kommunalen Bildungsmanagements. Viele sehen noch Entwicklungsbedarf in ihrer Kommune.

Als Erkenntnis daraus zog Dr. Marco Schmidt, dass Wissen und Erfahrungen nicht direkt übertragbar sind. Stattdessen müssen,  beginnend bei den Ausgangslagen, die kommunenspezifischen Rahmenbedingen und Zielsetzungen beim Transfer berücksichtigt werden. Er führte aus, wie der durch die Transferagentur organisierte Transfer von Wissen für die Kommunen von Vorteil ist: Als  Anregung kann auf erfolgreiche Ansätze, bekannte Stolpersteine und Irrwege sowie wirksame Maßnahmen zurückgegriffen werden, um schneller, effektiver und ressourcenschonender ans Ziel zu kommen.

Das Angebot der Transferagentur wurde anhand der Schwerpunkte Informieren, Vernetzen, Transferieren dargestellt. Der Begleitprozess im Transfer findet in drei Stufen statt: Dabei bauen die Analyse des Ist-Standes, die Entwicklung von transferierbaren Ansätzen und die fachliche Qualifizierung von Personal aufeinander auf und fokussieren sich auf die abgestimmten Zielsetzungen der Kommune. Alle Leistungen der Transferagentur sind kostenfrei.

Forum I: Von der Schulträgerschaft zum Bildungsmanagement – Die Einbindung von Schulen in Bildungsregionen

Im Impulsvortrag zum Forum I stellte Dr. Markus Stöckl die Erfahrungen vor, die im Rahmen der Entwicklung der Bildungsregion Osterholz gemacht wurden und zeichnete den Weg von den daraus erwachsenen Konsequenzen bis hin zur Qualitätsinitiative „Beste Bildung“ nach. Dabei ging er im Besonderen auf die Stolpersteine, aber auch Katalysatoren ein, die bei der Implementierung der Qualitätsinitiative eine Rolle spielten. Im Ergebnis, so seine Schlussfolgerung, würden Schulen, die sich in einer Bildungsregion vernetzen und kooperieren, in wesentlichen Bereichen der Schulqualität besser.

Im Anschluss an den Vortrag wurden insbesondere die Rolle und Einbindung verschiedener Akteure, wie beispielsweise Landesschulbehörde und Gymnasien, sowie die Bedeutung personeller Zuständigkeiten diskutiert. Als hilfreich wurde herausgestellt, ein Bewusstsein über sinnvolle Kommunikationswege im Sinne eines Wissensmanagements zu entwickeln, um Doppelstrukturen zu vermeiden. Daneben wurde der Stellenwert eines Bildungsmonitorings als solide Basis eines kommunalen Bildungsmanagements und zur Herstellung von Transparenz diskutiert.

Forum II: Datenkultur – Verständnis von Bildungsmonitoring für Bildungsmanagement

Im Forum II bot Marit Rullman den Teilnehmenden praxisnahe Einblicke in die Arbeit des Bildungsmonitorings des Kreises Recklinghausen. Um eine Datenkultur zu entwickeln, benötigt es – auch nach Überzeugung der Anwesenden – vor allem eines: Zeit für Kommunikation. Sofern es gelingt, diese handlungsorientiert einzusetzen, kann ein positives Verständnis für die Betrachtung von Daten, Indikatoren und Kennzahlen entstehen.

Der Kreis Recklinghausen konnte im Rahmen des Bundesprojektes „Lernen vor Ort“ sein Bildungsbüro aufbauen und weiterentwickeln. Zwei Bildungsberichte sind bisher bereits entstanden und ein weiterer für 2017 in Vorbereitung. 

Marit Rullmann verdeutlichte die Herausforderungen bei der sozialräumlichen Auswertung der gewonnen Daten und bei der noch immer notwendigen Diskussion um die Verwendung der erhobenen Daten, denen sich der Kreis Recklinghausen noch gegenüber sieht.

In der Diskussion wurden die strukturellen, politischen und ideellen Unterschiede der niedersächsischen Landkreise und Städte hervorgehoben. Die bereits angewandten Konzepte anderer Kommunen dienen daher mehr als Anregung für unterschiedlichste Themen, wie zum Beispiel für die Weiterentwicklung eines bestehenden Monitorings, die inhaltliche Ausgestaltung eines Konzeptes für ein neues Bildungsbüro oder für Argumente zur Überzeugung der politischen Verantwortlichen.

Forum III: Masterplan zur Entwicklung eines Bildungsmanagements

Im Impulsvortrag zum Forum III  „Masterplan zur Entwicklung eines Bildungsmanagements“ stellte Elisabeth Büning den Weg des Kreises Borken hin zu einem funktionierenden Bildungsmanagement vor. Der Kreis machte sich 2009 mit dem Förderprogramm „Lernen vor Ort“ auf den Weg, eine aufeinander abgestimmte und verlässlich verknüpfte Bildungsinfrastruktur zu entwickeln.

Die Teilnehmenden nahmen viele Hinweise für ihre eigenen Kommunen mit: zum Beispiel, dass es für den Aufbau eines Bildungsmanagements kein Rezeptbuch gibt, sondern auf die jeweiligen Ausgangsbedingungen eingegangen und darauf aufgebaut werden muss. 

Elisabeth Büning betonte die Notwendigkeit eines partizipativen Ansatzes, bei dem alle relevanten Bildungsakteure eingebunden werden, um Bildungsthemen gemeinsam identifizieren und bearbeiten zu können. Im Aufgabenprofil der Bildungskoordination soll der Dienstleistungscharakter im Vordergrund stehen. In der Rolle liegt laut Frau Brüning eine wichtige Multiplikatorenfunktion, sie sorgt für Transparenz und Vernetzung. Der Vortrag ermutigte die Teilnehmenden, sich erstmal mit einem Thema zu beschäftigen und dieses Schritt für Schritt zu entwickeln.