Newsletter Transferkompakt Mai 2020
Interview: Corona im Arbeitsalltag im Bildungsbüro des Landkreises Diepholz.
Durch das Coronavirus hat sich unser aller Leben von heute auf morgen komplett verändert. An einen normalen Arbeitsalltag ist für viele, auch in den kommunalen Verwaltungen, weiterhin nicht zu denken. Welche Herausforderungen sich aus der Ausnahmesituation für die Aufgaben eines Bildungsbüros ergeben, wie diese gelöst werden können und inwiefern Netzwerkstrukturen und Datenbasierung dabei unterstützend wirken, berichtet Mandy Peukert, Bildungsmanagerin im Bildungsbüro des Landkreises Diepholz.
Frau Peukert, wie haben Sie die Entwicklungen rund um das Coronavirus und die damit verbundenen Einschränkungen im Landkreis Diepholz erlebt?
Mandy Peukert (MP): Im Landkreis Diepholz ist es uns wie vermutlich allen anderen Kommunen in der Region ergangen: Wir wurden von den Entwicklungen und dem Lockdown quasi überrannt. Es gab zunächst die klare Ansage, wenn möglich ins Homeoffice zu gehen bzw. zeitlich versetzt in verschiedenen Teams zu arbeiten, sodass auch im Infektionsfall weiterhin der Betrieb aufrechterhalten werden kann. Termine wurden nach Möglichkeit telefonisch umgesetzt. Die IT war mit der Umsetzung dieser Aufgaben mehr als ausgelastet und hat trotzdem schnell ein Arbeiten unter den neuen Umständen ermöglicht. Das Kreishaus war so gut wie leer, abgesehen von der Bürgerinfo und weiteren notwendigen Diensten. Unter Beachtung der Auflagen wurde insgesamt sehr pragmatisch mit der Situation umgegangen.
Betrachtet man die Aufgaben, die Bildungsbüros typischerweise übernehmen, wie Kommunikation, Bildungsberatung und Vernetzung, fällt es schwer, diese mit den coronabedingten Einschränkungen in Einklang zu bringen. Welche Auswirkungen hatte dies auf Ihre Arbeit im Bildungsbüro?
MP: Zunächst war es ganz allgemein eine andere Arbeitsatmosphäre, das Kreishaus mehr oder weniger menschenleer, viele aufgrund der Entwicklungen erst einmal mit sich selbst beschäftigt. Nach kurzer Zeit sind alle aber auch wieder ins Handeln gekommen und haben nach Lösungen gesucht. Wir als Teil des Fachdienstes Bildung haben die Entwicklungen im Bereich der Schulen entsprechend begleitet, die ja auch in den Lockdown gegangen sind. Unsere Kooperationspartner, zum Beispiel die Bildungsträger, waren nicht nur gesellschaftlich, sondern auch wirtschaftlich hart getroffen. Im Bildungsbüro war es in der ersten Phase so, dass überhaupt keine Arbeitskreise oder ähnliches mehr stattfinden konnten, also ein normales Arbeiten nicht möglich war. Alle Fachausschusssitzungen wurden abgesagt. Die Möglichkeiten zu Videokonferenzen oder ähnliches mussten erstmal entwickelt werden, sodass es zunächst auch keine Alternativen gab. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fachdienste haben zum Teil das Bürgertelefon unterstützt, um den hohen Arbeitsaufwand des Gesundheitsamtes etwas abzufedern, was sich auch auf das Personal im Fachdienst Bildung ausgewirkt hat. Das war die Situation von „Stecker ziehen, sich einmal schütteln und nach Lösungen suchen“ hin zu dem Ziel, schnell wieder arbeitsfähig zu werden.
Sie konnten Ihre Arbeit also nicht wie bisher umsetzen, sondern mussten, wie so viele, andere Lösungen finden. Welche Schritte waren dabei entscheidend?
MP: Im ersten Schritt waren es vor allem technische Fragen. Der Landkreis hat eine klassische Ausrüstung, wir im Bildungsbüro haben neben der üblichen EDV-Ausstattung einen Laptop zur Verfügung, wir haben eine zentral gewartete IT, die vor großen Herausforderungen stand und in kürzester Zeit Homeoffice und ähnliches möglich gemacht hat. Insgesamt wurde das sehr gut gelöst, auch wenn natürlich etwas improvisiert werden musste. Im April wurde dann ein Tool für Videokonferenzen angeschafft. Neben diesen technischen Aspekten war es wertvoll, auf bestehende und etablierte Netzwerkstrukturen zurückgreifen zu können, die zuvor unter anderem im Rahmen des DKBM aufgebaut wurden. Zu Beginn hat man sich vielleicht auch eher auf eine kurzfristige Krise eingestellt, um dann die Dauer zu realisieren, in der uns das Thema begleiten wird, und wie tiefgreifend die Veränderungen sein können, die damit einhergehen. Inzwischen haben wir die Arbeitskreise zum Teil wieder reaktiviert, der Arbeitskreis Schulabsentismus wurde bereits virtuell umgesetzt, auch im Arbeitsbereich MINT haben wir ein erstes virtuelles Treffen erfolgreich abgehalten.
Zur Person
Name: Mandy Peukert (re.)
Tätigkeitsbeschreibung: Bildungsmanagerin im Bildungsbüro des Landkreises Diepholz
Im Landkreis Diepholz seit: 2016
Sie sprechen von „tiefgreifenden Veränderungen“. Da liegt die Frage nahe, wie Sie diese bewerten und wie gut der Arbeitsalltag mit den neuen Hilfsmitteln gelingt?
MP: Ich persönlich bin zum Glück etwas technikaffin, das ist sicher hilfreich. Natürlich ist es kein 1:1-Ersatz zur normalen Arbeitsweise. Allerdings war uns schnell bewusst, dass wir dranbleiben müssen, um einen Rückbau der bestehenden Netzwerke zu vermeiden. Zu Beginn war das Ganze schon etwas holprig und für alle Beteiligten ein Lernprozess. Man muss sich mit der Technik zurechtfinden, Headsets wieder hervorsuchen und ähnliches. Wir befanden uns alle irgendwo zwischen Aufbruch und Improvisation. Als Bildungsbüro haben wir uns dann ein Thema gesucht, die digitale Bildung, das wir ins Zentrum gerückt haben, indem wir zum Beispiel eine Übersicht über Online-Bildungs- und Beratungsangebote erstellt haben. Ich glaube, es war für uns alle gut, an etwas Konkretem zu arbeiten, das auch für andere einen Nutzen bietet. Die positive Haltung aller Teilnehmenden und die gegenseitige Unterstützung war bzw. ist eine schöne Erfahrung. Wir freuen uns, dass der Austausch grundsätzlich wieder funktioniert. Zum Teil ist dieser sogar etwas fokussierter und die Personen sind konzentrierter, mehr auf den Punkt. Auch die Moderation trägt hier einen wichtigen Teil bei.
Richten wir den Blick nach vorne: Es wird häufig davon gesprochen, dass die Krise auch positive Aspekte mit sich bringt. Sehen Sie Entwicklungen, von denen Sie selbst, aber auch Kommunen im Allgemeinen profitieren können?
MP: Ganz allgemein sind es die Offenheit, mit neuen Situationen umzugehen, die Lernbereitschaft, aber auch Dinge hinterfragen zu können, die zuvor vielleicht gesetzt waren. Es wird anders mit Fehlern umgegangen, das gegenseitige Verständnis ist aktuell im positiven Sinn ein anderes. Wie schon gesagt ist klar, dass die aktuellen Entwicklungen nicht zu einem Ersatz der normalen Interaktion führen können, dafür sind die Grenzen und der weitere Bedarf nach Professionalisierung zu offensichtlich. Die Digitalisierung wird hier greifbar und es zeigt sich der damit zusammenhängende Lernprozess. Den Kommunen dabei Unterstützung anzubieten, könnte auch Aufgabe der Transferagentur werden. Bezogen auf das DKBM besteht die Möglichkeit, den Nutzen sichtbar zu machen und auf die Fragen nach den „Verlierern“ der Coronakrise Antworten zu liefern, beispielsweise wer aktuell überhaupt noch mit welchen Bildungsangeboten erreicht wird. Insofern zeigt sich auch in der aktuellen Situation die Bedeutung von Datenbasierung – nicht zuletzt im Umgang mit Geldern, einer Diskussion, die an Fahrt aufnehmen wird.
Frau Peukert, vielen Dank für das Gespräch und diese persönlichen Einblicke in die Entwicklungen der vergangenen Wochen!